Wo geht’s denn jetzt lang?

Die Stadt Bad Kreuznach bietet ihren zahlreichen Besuchern präzise Orientierung mit einem Fußgängerleitsystem. Die Stelen weisen den Weg zu den schönsten Plätzen im Zentrum und dienen zugleich als vielbeachteter Werbeträger.

Am Anfang stand in Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) die Einsicht, dass es ein Problem gibt:
Wie sollen sich Ortsfremde in der Bad lnnenstadt, im Kurgebiet und in der Altstadt orientieren? Andersherum: Wie kann man aus Sicht der Stadt Gäste auf interessante Ziele aufmerksam machen? Erst als es in einer bundesweiten Bewertung der Heilbäder und Kurorte Minuspunkte bei diesem Thema gab, war die Zeit für die Problemerkennung reif. Bad Kreuznach ist ein traditionsreiches Heilbad. Es zählt jährlich 85 000 Gäste mit 450 000 Übernachtungen. Sehr viel höher ist zudem die Zahl der Tagesgäste. Die Stadt mit rund 45 000 Einwohnern bildet den wirtschaftlichen Versorgungsmittelpunkt eines Raumes, der weit über den Landkreis am Rand des Rhein-Main-Gebietes hinausweist. Der Ort ist zu facettenreich, um die vielen touristisch interessanten Zielpunkte bei einem Stadtbummel anzusteuern. Kurgebiet, Parkanlagen und Spazierwege im Grünen, Salinental, Altstadt, Einkaufszone und der große Bereich des Schlossparks, in dem drei Museen angesiedelt sind, gehen ineinander über.

Ziel vor Augen
Die städtische Tourismusgesellschaft beobachtete zunehmend, dass sich die Gäste immer seltener über Pläne, Informationsmaterial oder sogar Stadtführungen ein Bild verschaffen. lm Auto verlässt man sich auf das „Navi” oder den Routenplanerausdruck – zu Fuß geht es immer der Nase lang.

Die konzeptionelle Antwort wurde in der Regie der Tourismus- und Marketing-Gesellschaft erarbeitet und umgesetzt. Dort, wo die Gäste ankommen, werden sie empfangen und von einem visuellen System geleitet. Dabei sollten die Schnittstellen zum motorisierten Verkehr und zum Öffentlichen Personennahverkehr als Einstieg genutzt werden. Also wurden der Bahnhof sowie drei Parkhäuser und ein Parkplatz, die die Innenstadt umgeben, als Ausgangspunkte bestimmt.

Neben den Ausgangspunkten und der Beschilderungszone waren die Zielangaben festzulegen, die durchgehalten werden müssen. Dabei ist es erforderlich, vom Allgemeinen zum Besonderen zu gehen. Also zum Beispiel vom Bahnhof zum Kurzentrum. Erreicht man das Kurzentrum, werden differenzierte Zielpunkte angegeben. So entstand ein Beschilderungsplan, der auch die Angabe von Toiletten, Informationen für Behinderte und die Ausschilderung der Gegenrichtung („zurück zum Bahnhof“) einschloss. insgesamt wurden 24 Beschilderungspunkte festgelegt.

Schön anzusehen
Die nächste spannende Frage richtete sich nach der gegenständlichen Darstellung im Straßenraum. Auch die Vandalismusgefahr war zu bedenken. Robust, optisch ansprechend und klar erkennbar sollte das Wegweisersystem sein. Bei dem ausgewählten Leitsystem der Firma Ries aus Bruchsal überzeugte neben der Optik unter anderem die Möglichkeit, alle Einzelbeschilderungen nachrüsten zu können. Die freistehenden Säulen in Bad Kreuznach sind 32 Zentimeter breit. Der Clou sind Wechselrahmen, in die Übersichtspläne oder Werbung eingefügt werden können.

Das Logo der Stadt sowie die Standortbezeichnung sind am Kopfmodul eingearbeitet. Bei Änderungen oder Reparaturen ist der Austausch aller Einzelelemente mit Spezialschlüssel eine Sache von wenigen Handgriffen. Bei Bedarf kann die Stele, die in eine Bodenhülse eingelassen ist, in wenigen Minuten abgebaut werden.

Die Planung wurde in einem „Probespaziergang” mit interessierten Bürgern der Lokalen Agenda und Verwaltungsstellen getestet und verbessert. Der Hersteller lieferte einen „Dummy” für die konkrete Standortfestlegung. Denn hier ist unbedingt die dreidimensionale Einpassung in die Umgebung erforderlich. Die Fotodokumentation der Standorte erwies sich beim Einbau der Hülsen hilfreich. Nach monatelanger Vorbereitungszeit erfolgte der Einbau der Stelen an einem Tag.

Die Stelen wurden wie erwartet auch das Opfer von Zerstörungswut. Die Vandalen konnten aber immer nur einzelne Module verbiegen oder beschmieren, deren Austausch schnell und kostengünstig erfolgte. Den Rheinland-Pfalz­Tag mit 300 000 Gästen hat das Leitsystem ohne einen Kratzer bewältigt.

Der Marketingwert der Beschilderung ist nicht zu unterschätzen. Geradezu begeistert sind die städtischen Museen. Sie liegen idyllisch und sind gut erreichbar – wenn man den Weg kennt. Gerade für solche Einrichtungen sind die Stelen echte Werbeträger. Angesichts dieser Vorzüge sind auch die Gesamtkosten von etwa 30 000 Euro angemessen, zu mal in diesem Fall ein Landeszuschuss von 75 Prozent der Stadt kräftig unter die Arme griff.

Verfasser: Dr. Michael Vesper
Geschäftsführer der Bad Kreuznach Tourismus und Marketing